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Die Orgel der Pfarrkirche St. Hyazinth in Legnica (Liegnitz) Polen

Die Geschichte der Orgel / Restaurierungsbedarf
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Die Geschichte der Orgel / Restaurierungsbedarf

Die neugotische Kirche wurde von der protestantischen Gemeinde seit der Gründung von Kaiser Wilhelm II. erbaut. Sie war die dritte evangelische Kirche in Legnica, die dem Andenken an Kaiser Friedrich III., dem Vater Wilhelms, gewidmet war (Kaiser-Friedrich-Gedächtnis-Kirche). Der Autor des Projekts war der Berliner Architekt Oscar Hossfeldt. Die Bauarbeiten wurden unter der Leitung des Inspektors E. Kohte durchgeführt. Der Kirchenbauausschuss wurde 1899 unter dem Vorsitz von Regierungspräsident von Heyer und dem Bürgermeister von Legnicki gebildet.

Die Herzogin von Sachsen-Meiningen, die ältere Schwester des Kaisers, übernahm die Schirmherrschaft für den Bau der Kirche. Der Grundstein für die Kirche wird gelegt 18. Oktober 1904 - dem Geburtstag des Kaisers. Die Einweihungsfeierlichkeiten fanden statt am 9. Juni 1908 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. und Herzog Oskar von Preußen. Von 1945 bis 1948 war die Kirche geschlossen. Sie erhielt 1949 ihren heutigen Namen und war einige Jahre lang Pfarrkirche und Filialkirche der Pfarrei Heilige Dreifaltigkeit. Die Pfarrei wurde 1972 aufgelöst. 1966 wurde die Kirche im Zusammenhang mit der 1000-Jahr-Feier der Taufe Polens renoviert und 2001 wurden Arbeiten an der Innenpolychromiedurchgeführt.

Die Orgel wurde von der schlesischen Firma Schlag & Söhne aus Świdnica in den Jahren 1907-1908 gebaut und erhielt die Opuszahl 825. Das neugotische Orgelgehäuse bildete zusammen mit der Kanzel und dem Altar eine zusammenhängende Ausstattung der Kirche.

Der mangelnde Schutz und die mangelnde Pflege der Kirche in den Nachkriegsjahren führten zu großen Schäden an der wertvollen Orgel. Diebe stahlen einen großen Teil der kostbaren Stimmen. Noch Anfang 1948 fand man am Fluss und in der Nähe der Kirche beschädigte und zerbrochene Metallpfeifen verschiedener Größen. Erst nachdem die Kirche ordnungsgemäß gesichert worden war, konnte die weitere Verwüstung des Instruments gestoppt werden. Im Jahr 1948, als die Gottesdienste begannen, wurde die Orgel verbessert. Zu dieser Zeit konnten nur 18 Stimmen bedient werden. Es gab 7 Stimmen im Manual I, 4 Stimmen im Manual II und 7 Stimmen im Pedal. Weitere Reparaturen wurden 1957 durchgeführt, als die Bälge ersetzt wurden. Die Mechanik selbst (Maßwerk) war 1966 in perfektem Zustand, nur einige Bleirohre waren gebrochen. Bei der Renovierung der Kirche im Jahr 1966 wurde vorgeschlagen, auch die Orgel zu reparieren, doch wurde dies wegen der hohen Kosten für die Reparatur und das Auffüllen der fehlenden Stimmen verschoben. Es ist möglich, dass das Orgelgehäuse zu dieser Zeit neu gestrichen und die Ornamente und Gesimse neu vergoldet wurden.

Schlag & Söhne war eine Orgelbaufirma mit Sitz in Świdnica in Niederschlesien. Im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Świdnica zum wichtigsten und führenden Zentrum des Orgelbaus in Schlesien. Dies war das Verdienst von Christian Gottlieb Schlag, der sich 1834 in der Stadt niederließ. Zuvor erlernte der am 27. II. 1803 in Staschwitz an der thüringisch-sächsischen Grenze geborene Christian sein Handwerk in Schafstädt, Herzberg, Magdeburg und schließlich in Jawor. In Swidnica entfaltete er ein breites Spektrum an Tätigkeiten und bezog seine Brüder (Johann Karl und Heinrich) in die Werkstatt mit ein. Die Brüder trennten sich 1869, um zu Beginn des folgenden Jahres die Gründung der Firmen Schlag und Söhne und Gebrüder Schlag bekannt zu geben. Die erstere wurde von Christian Schlag zusammen mit seinen beiden Söhnen gegründet: Theodor und Oskar. Die Werkstatt befand sich in Świdnica an der Kreuzung der heutigen Straßen Westerplatte und Kliczkowska. Sie bestand aus Gebäuden mit Holzbearbeitungshallen, einer Gießerei und Werkstätten für die Verarbeitung von Zinn, Zink und Blei, einer Schlosserei, Pfeifenwerkstätten für die Herstellung von Holz- und Metallpfeifen, einem Intonationsraum, Holzschnitzereien und drei hohen Montagehallen, in denen praktisch jede hergestellte Orgel vormontiert wurde. Das Werk umfasste auch große Lagerhallen, Lagerräume, Holztrocknungsanlagen.
Die Aufrechterhaltung von Qualität, Genauigkeit und Wiederholbarkeit bei gleichzeitiger Erleichterung der Arbeit wurde durch die Einführung von Geräten unterstützt, die anfangs mit einer Dampfmaschine und später mit Strom betrieben wurden. Das Unternehmen beschäftigte bis zu 115 Mitarbeiter, für die eine interne Krankenkasse eingerichtet wurde, in die auch ihre Familien einbezogen wurden.

In den ersten sieben Jahren (1870-1877) baute das Unternehmen 47 neue Orgeln, von denen die größte 1874 in der Grace Church in Żagań aufgestellt wurde. 1877 ging Christian Schlag in den Ruhestand und übergab die Fabrik an seine Söhne. Er starb am 10. III. 1889 in Świdnica. Die Aktivitäten wurden von den bereits erwähnten Theodor und Oskar Schlag weitergeführt. Wobei der jüngere Oskar eine aktivere Rolle übernahm. Er besuchte den bekannten Londoner Orgelbauer Willis, um sich mit dessen Erfindungen vertraut zu machen, unter anderem mit den Hochdruckstimmen, die er später oft in seinen größeren Orgeln hatte - erstmals in der Berliner Philharmonie. Von den 50 Stimmen besaß sie sogar 23 Stimmen des Willis-Patents. Die Orgel war auch das erste elektrische Traktionsinstrument in Deutschland, das einen beweglichen Spieltisch hatte. 1881 erhielt Oskar das Patent Nr. 19334 für die Konstruktion einer neuen Kastenwindlade, und zwei Jahre später entwickelte er unter anderem einen Mechanismus, der es ermöglichte, eine beliebige Anzahl von Stimmen vorzuprogrammieren. Die Leistungen des Unternehmens wurden von den Machthabern anerkannt. Im Jahr 1885 erhielt sie den Ehrentitel "Hoflieferant des Prinzen Albrecht von Preußen" und im Jahr 1900 den Titel "Hoforgelbauer Seiner Majestät des Kaisers und Königs". Von größerer Bedeutung für die Vermarktung waren jedoch die auf Ausstellungen und Messen errungenen Ehrungen und Auszeichnungen. Erstmals stellte die Firma 1878 auf dem Dritten Schlesischen Musikfest in Görlitz aus. Die letzte nachgewiesene Teilnahme erfolgte 1911 auf der Ostdeutschen Ausstellung in Poznan, wo sie mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde. In Orgelbauerkreisen war Oskar Schlag insofern bekannt und geachtet, als er 1895 die Gründung des gesamtdeutschen Vereins Deutscher Orgelbaumeister leitete, der heute noch unter dem leicht veränderten Namen Bund Deutscher Orgelbaumeister existiert. Er war dessen erster Präsident. Dieses Amt hatte er bis zu seiner Pensionierung (1906). Im Laufe eines Vierteljahrhunderts wurde das Unternehmen durch zahlreiche Werke in verschiedenen Kirchen in Schlesien und darüber hinaus bekannt, die unter anderem von Orgelvirtuosen gelobt wurden. Im Jahr 1903 fand ein weiterer Generationswechsel in der Leitung der Fabrik statt. Theodores Söhne Reinhold und Bruno übernahmen die Geschäfte, und noch im selben Jahr wurde das Unternehmen in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Ein Jahr vor Ausbruch des Krieges, 1914, wurde die Orgel Opus 1000 geschaffen und der Kaufmann Robert Hammer trat in den Vorstand des Unternehmens ein. Auch seine Fähigkeiten konnten die Firma während der Nachkriegskrise nicht vor dem Zusammenbruch bewahren. Sie wurde im Dezember 1922 an einen ehemaligen Kollegen verkauft. Reinhold Schlag verließ Swidnica im Jahr 1923. Bruno hingegen eröffnete eine kleine Orgelreparaturwerkstatt, die bis 1945 bestand.

Als das Unternehmen im Dezember 1922 aufgelöst wurde, hatten etwa 1.100 Instrumente die Werkshallen verlassen. Das höchste heute bekannte Opus ist 1099, das auf der Orgel in Breslau-Vidau zu sehen ist. Von diesen über 1.000 Werken wurden einige außerhalb von Niederschlesien gebaut: Oberschlesien (dort die größte Zahl nach Niederschlesien), die Tschechische Republik, Finnland, Italien, Mähren, Mexiko, Norwegen, Rumänien, Russland (eigentlich die polnischen Gebiete unter russischer Herrschaft), Südafrika, Ungarn, Brandenburg, Ostpreußen, Pommern, Mecklenburg, Sachsen, Niedersachsen.
Aus der Liste ihrer größten Werke sind zu nennen: 1903 - Chemnitz, St. Jakobskirche (62 Stimmen); 1904 - Kozuchow, Gnadenkirche (53); 1904 - Ruda Sl. (52); 1904 - Jelenia Góra, Gnadenkirche (76); 1904 - Jelenia Góra, St. Erasmus-Kirche (60); 1907 - Wrocław, St. Elisabeth-Kirche (71); 1909 - Świdnica, Friedenskirche (60); 1913 - Wałbrzych, städtische evangelische Kirche (45). Dieses letzte Instrument ist zwar nicht das größte, aber für den europäischen und schlesischen Orgelbau von großer Bedeutung, da es das einzige bekannte Instrument in Mittel- und Osteuropa ist, dessen Klang von dem bekannten Theologen, Lepraarzt, Organologen und Initiator der "Orgelrestaurationsbewegung" Albert Schweitzer konsultiert wurde. Das Prestige der Firma führte dazu, dass später viele bekannte Orgelbauer dort tätig waren.

Die Orgel in der Kirche St. Jacek in Legnica ist ein über hundert Jahre altes Instrument, das 1908 von der Firma Schlag und Söhne Schweidnitz als Ausstattung für das Kirchendenkmal zu Ehren Kaiser Wilhelms gebaut wurde.
Zur Zeit kann das Instrument aufgrund seines technischen Zustands nicht erklingen. Das Instrument ist in einem schrecklichen Zustand, Bälge wurden beschädigt und aktive Schädlinge, die Holzelemente abbauen und eine starke Verschmutzung des Instruments verursachen, zerstören es. Langfristiger Wartungsmangel beeinträchtigt die falsche Intonation und Ausstattung der Orgeln und ermöglicht nicht die volle Ausschöpfung ihres künstlerischen Wertes. An dieser Stelle sei erwähnt, dass das Instrument noch nie gründlich renoviert wurde.

Dank eigener Mittel hat die römisch-katholischen Pfarrei St. Jacek hat es geschafft, den Balg samt Federn zu restaurieren, ein neues Gebläse zu kaufen und das Instrument zu reinigen und zu stimmen sowie den Balg in der pneumatischen Bahn zu ersetzen. Die Gesamtinvestition in die erste Etappe der Renovierung dieses historischen Instruments betrug 20.000 €.

Damit das Instrument vollständig spielen kann, muss an dieser Stelle die nächste Stufe der Restaurierungsarbeiten zur Reparatur des Orgelzählers - des Spieltisches /Innenraumes Instrumentes wie Pfeifen, Windladen/Holzelemente  - durchgeführt werden. Der gesamte Umfang der konservatorischen Arbeiten ist immens. Dieser Arbeitsschritt wurde mit Kosten in Höhe von 200.000 € bewertet.
Die Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten an der Schlagorgel in der Pfarrei St. Jacek sollen das Instrument nicht nur während der Liturgie zum Einsatz bringen, sondern auch die klanglichen Qualitäten des Instruments bei täglichen Orgelpräsentationen und während des geplanten Orgelfestivals "Katzbacher Orgeltage" präsentieren, bei dem Studenten des Instrumentalstudiums an der Musikakademie in Polen und Deutschland die Möglichkeit haben, ihr Können zu präsentieren und Erfahrungen im Bereich Konzerte in der breiten Öffentlichkeit zu sammeln.
Von zusätzlichem Wert für die Gemeinde ist die Tatsache, dass die Kirche einen stetigen Anstieg des Pilgerverkehrs zu verzeichnen hat. Dies hat mit dem eucharistischen Ereignis zu tun, das ausdrücklich als eucharistisches Wunder bezeichnet wird. Sanktuarium ist für Besucher und Pilger ganztägig an 7 Tagen in der Woche geöffnet. Die Gemeinde sieht die Tatsache, dass die Zahl der Pilger aus Deutschland und dem deutschsprachigen Raum von Jahr zu Jahr zunimmt, als einen großen Wert an. Die Kirche ist darauf vorbereitet, Pilger aus dem Ausland zu empfangen und sie während der Gottesdienste und Besuche in der Kirche zu betreuen. Die Beziehungen zwischen den Ländern sollen gestärkt werden, deren Geschichte mit Niederschlesien verbunden ist.

Das Instrument wurde sehr sorgfältig aus teuren und langlebigen Materialien hergestellt. Das zeigt sich daran, dass die einzelnen Komponenten des Instruments bis heute in sehr gutem Zustand erhalten geblieben sind, obwohl noch keine Renovierungsarbeiten durchgeführt wurden.
Die erhaltene Materie der Strukturelemente ist original.
Der aktuelle Zustand des Gerätes – nach über hundert Jahren „Dienst“ – erfordert entschlossenes Handeln, Maßnahmen zur Wiederherstellung seiner ursprünglichen Pracht und Schönheit durch solide Restaurierungs-, Renovierungs- und Umbauarbeiten durchgeführt.
Das Instrument hat den Wert eines historischen Werkes, daher sollte seine Form erhalten bleiben. Alle Arbeiten sollten nach dem Muster der Ära ihrer Entstehung unter Verwendung geeigneter Materialien und Technologien durchgeführt werden. Darüber hinaus sollten während der Arbeitsphasen Dokumentationen als wertvolle Informationsquelle für nachfolgende Generationen erstellt werden.
Die hohe Wertschätzung des historischen Wertes des Instruments bekräftigt das Konzept der kompromisslosen und originalgetreuen Restaurierung des Instruments. Alle Arbeiten sind unter dem Aspekt des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege zu planen und auszuführen

Autor: Lukasz Kierski

Bitte unterstützen Sie die Restaurierung dieses Instrumentes mit Ihrer Spende.

Kath. Kirchengemeinde Heiligtum von St. Hyazinth in Legnica
IBAN: PL 30 1500 1504 1215 0005 0523 0000 WBKPPLPP
Verwendungszweck: Orgelrestaurierung
Disposition

erbaut 1907/1908 von Schlag & Söhne

Manual I C-f3 Manual II C-f3 Pedal C-f1
Prinzipal 16' Lieblich Gedackt 16' Principalbass 16'
Prinzipal 8' Geigen Prinzipal 8' Subbas 16'
Hohlflöte 8' Lieblich Gedackt 8' Gedacktbass 16'
Gemshorn 8' Aeoline 8' Bassflöte 8'
Oktave 4' Prestant 4' Violoncello 8'
Offenflöte 4' Traversflöte 4' Octavbass 4'
Quinta 2 2⁄3' Superoctava 2' Rauschpfeife IV
? 2' Quinta 1 1⁄3' Posaune 16'
Kornett III Sifflöte 1'  
Mixtur III–IV Scharf IV  
Trompete 8' Cymbel II  
  Krummhorn 8'  

Koppeln: II/I, I/P, II/P, Suboktavkoppel II/I, Superoktavkoppel II/I


Eine Farbfotografie aus dem Jahr 1913 mit einer Ansicht der Empore und der Orgel. Die ursprüngliche Farbgebung des Orgelschranks in intensivem Rot ist sichtbar.
Der Boden des Schranks hebt sich von der dunkleren Trennwand ab. Die Paneele und Türen im Mittelteil sind ebenfalls dunkler.

Das aktuelle Farbschema ist durch die Umlackierung in der Nachkriegszeit verändert worden.
Die aktuelle Farbe des Gehäuses ist braun, die Ornamente über den Abteilungen sind grün und blau untermalt, die Hintergründe für die Ornamente sind rot.

Kontakt

Kath. Kirchengemeinde "Heiligtum von St. Hyazinth Legnica"
ul. Nadbrzezna 3
Legnica 59-220
Polen

E-Mail: jacek.legnica(at)gmail.com

mit freundlicher Genehmigung von Lukasz Kierski
Fotos: Lukasz Kierski
OI-L-71 - veröffentlicht: 31.07.2025 - letzte Änderung: 11.09.2025

weiterführende Links:

Webseite der Kirchengemeinde