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Die Orgel in der Thomaskirche Liebefeld (Schweiz)

Informationen zur Orgel
Disposition

Informationen zur Orgel

Geschichte
Kurz nach der Fertigstellung der Kirche 1967 konnte auch die Orgel vollendet werden, errichtet durch Orgelbau Kuhn in Männedorf, konzipiert und intoniert durch den im Liebefeld ansässigen Gebietsvertreter dieser Firma, Max Mühlemann. Die Orgel fällt zunächst durch ihre architektonische Gestaltung auf. Einerseits nimmt sie die Formensprache des Kirchenraums in die Prospektgestaltung auf und ist optisch völlig in den modernen Raum integriert. Andererseits entspricht ihre eigene Architektur in vollkommener Weise dem klassischen «Werkprinzip», bei dem jedes Manual und das Pedal eigene Teilorgeln mit in sich logischem Klangaufbau darstellen. Im barocken Orgelbau vor allem Norddeutschlands sind diese Teilinstrumente von außen deutlich sichtbar. Bei der Orgel der Thomaskirche sind sie je in einem separaten Gehäuse untergebracht: Das Hauptwerk, vom zweiten Manual aus gespielt, direkt beim Spieltisch, das Schwellwerk in einem Gehäuse hinter dem Hauptwerk, das Pedalwerk seitlich und Rückpositiv in die Emporenbrüstung eingebaut, im Rücken des Organisten. Damit verbinden sich in bemerkenswerter Weise konsequenter Traditionsbezug und ebenso konsequente moderne Gestaltung.


Klangkonzeption und Registeraufbau
In der klanglichen Konzeption und im Registeraufbau steht die Orgel der Thomaskirche zwischen den letzten Ausläufern der «Reformorgel», wie sie durch die Orgelbewegung seit etwa 1920 geprägt war, und der seither erfolgten konsequenteren stilistischen Profilschärfung, hier im damals aktuellen neobarocken Sinn. Die drei Manualwerke mit zusammen 45 Registern stehen für je unterschiedliche stilistische Akzente.

Das Hauptwerk ist noch stark von der Orgelreform geprägt und enthält darum nur die Standardgrundstimmen, dazu allerdings als Referenz an den Barock zwei Mixturen, ein Prinzipalzungenregister und das zusammengesetzte Cornett, diese beiden besonders im Hinblick auf den französischen Barock. Das Rückpositiv mit seinen vielen hochliegenden Registern vertritt ein helles und durchsichtiges barockes Klangideal, wie es gegen 1970 vorherrschend wurde; farbige Zungenregister verweisen auf norddeutsche Vorbilder. Das Schwellwerk nähert sich vor allem mit seinen charakteristischen Zungenregistern der französischen Romantik an, ohne allerdings seinen Hintergrund in der Orgelbewegung und im Neobarock völlig verleugnen zu können. Das ganze dreifache Orgelwerk ruht klanglich auf einem reich disponierten kräftigen Pedalwerk, dies eine Referenz an alte niederländische und norddeutsche Gestaltungsprinzipien.

Ganz der handwerklichen Orgelbautradition verpflichtet ist die mechanische Traktur, die einen direkten Kontakt zwischen Taste und Pfeife herstellt und so eine subtile Beeinflussung des Klangs durch die Spielweise erlaubt. Die Registersteuerung dagegen erfolgt elektrisch; die Vorwahlvorrichtung mit Hilfe von Relaisschaltungen, der «Setzer», begann nach 40 Jahren Betriebszeit Altersschwächen zu zeigen, so dass er im Rahmen der Gesamtrevision von 2013 durch ein elektronisches Vorwahlsystem mit praktisch unbegrenzten Speichermöglichkeiten ersetzt wurde.


Gesamtrevision 2013
Diese Gesamtrevision lag in den Händen von Orgelbauer Thomas Wälti, Gümligen, und seinem Team, vor allem Intonateur Jean-Marc Pittet. Zusätzlich zur periodisch erforderlichen Reinigung und Wartung konnten einige Anpassungen in der Intonation und auch in der Disposition vorgenommen werden. Im Schwellwerk wurde die allzu barocke hohe Zimbel durch ein Register «Voix céleste» ersetzt. Dieses Register, das vor allem in der französischen Romantik häufig eingesetzt wird, erzeugt durch eine leichte Verstimmung eine Schwebung im Klang. Eines der drei 16-Fuß- (d.h. Unteroktav-) Register im Pedal wurde um eine Quinte verschoben. Zusammen mit einem 16-Fuß-Register erzeugt es auf akustischem Wege die doppelte Unteroktave (32-Fuß), was dem Orgelklang Größe und Raum verleiht. Schließlich erhielt das Rückpositiv – wie vorher schon das Schwellwerk – einen Tremulanten, damit auch barocke Solostimmen mit diesem Sondereffekt versehen werden können.

Mit diesen Maßnahmen hat sich das klangliche und stilistische Spektrum der Thomas-Orgel nochmals ausgeweitet und erlaubt die Wiedergabe eines großen Teils der gesamten Orgelliteratur verschiedener Epochen und Stilbereiche.

Man hat Instrumente dieses Typs gelegentlich als «Kompromissorgeln» bezeichnet, mit einem abschätzigen Unterton. Verglichen mit Orgeln der 1950er und frühen 1960er Jahre ist hier aber der Schritt zu einer stärkeren klanglichen Profilierung der einzelnen Register bereits getan worden, so dass an Stelle des «Kompromisses» guten Gewissens die «Vielseitigkeit» gesetzt werden kann.
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Disposition

I. Rückpositiv II. Hauptwerk III. Schwellwerk Pedal
Gedackt 8' Gedacktpommer 16' Holzprinzipal 8' Principalbass 16'
Quintatön 8' Principal 8' Koppelflöte 8' Offen Subbass 16'
Principal 4' Rohrflöte 8' Salicional 8' Quintbass 10 2/3'
Rohrflöte 4' Octave 4' Voix céleste 8' Principal 8'
Quinte 2 2/3' Hohlflöte 4' Octave 4' Spitzflöte 8'
Octave 2' Octave 2' Gedacktflöte 4' Octave 4'
Terz 1 3/5' Mixtur 1 1/3' Nasat 2 2/3' Rohrflöte 4'
Larigot 1 1/3' Scharf 1' Flageolet 2' Mixtur 2 2/3'
Mixtur 2/3' Zinke 8' Fourniture 2' Posaune 16'
Rankett 16' Cornett 8' Trompette harmonique 8' Trompete 8'
Krummhorn 8'   Oboe 8' Trompete 4'
Schalmei 4'   Clairon 4'  
Tremolo   Tremolo  

Normalkoppeln: RP-HW, SW-HW, RP-Ped, SW-Ped, HW-Ped
Jalousieschweller SW, Registercrescendo, elektronische Setzeranlage

Quelle - mit freundlicher Genehmigung von Elie Jolliet: https://www.kirchenmusik-koenizmitte.ch
Foto: © Kirchenmusik Köniz-Mitte
OI-K-67
weiterführende Links:

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Ev.-ref. Kirchgemeinde Köniz