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Mallorca Edition

Interpret: Martin Schmedling
6 SACDs
Label: Cybele

Fremde Länder, fremde Musik, fremde Instrumente, neue Eindrücke, überraschende Einblicke, auch etwas Unsicherheit hinterlässt diese CD-Box, die eigentlich eine Honorations-Edition für Orgelbauer Gerhard Grenzing und den Interpreten Martin Schmeding ist. Je eine CD widmet dieser den Werken von Sebastián Aguilera de Heredia (1561 – 1627), Pablo Bruna (1611 – 1679), Domenico Scarlatti (1685 – 1757), Antonio Soler (1729 – 1783) und José Lidón (1748 – 1827).

Eingespielt sind die Werke von Scarlatti, Soler und Lidón auf der phänomenalen Orgel (1765, II+P, 16 geteilte und vier Diskant-Register + 2 Pedalstimmen, davon 9 horizontale Zungenregister und die mit 1104 Pfeifen größte Mixtur der Welt auf einer separaten Windlade, gespeist aus zwei hintereinander liegenden Windkästen, die Principale 16‘ und 8‘ schon mit Expressionsschlitzen) von Jordi Bosch (1739 – 1801) in Sant Andreu, Santany. Bis 1837 stand die Orgel im Dominikanerkloster in Palma, dort noch mit einem Oberwerk, das dann in Santany keinen Platz mehr fand. Auf der Gabriel Thomàs-Orgel (1823/1983, II+P, 14 geteilte Register + 1) in Sant Francesc de Paula, Campos, sind Werke von Heredia und auf der Mateu Bosch-Orgel (1746, I+P, 13 geteilte Register) in Sant Pere, Sencelles, sind Werke von Bruna eingespielt. Zu hören sind die CDs 7h 39 m 31s lang, zu lesen sind 96 Seiten (dt/engl) im gut bebilderten Booklet. Wie geht man an so eine Mammuteinspielung heran?

Zuerst sieht man: die Komponisten und die Instrumente sind nicht chronologisch geordnet, steckt ein tieferer Sinn dahinter? Nach den ersten Tracks der Scarlatti-CD: das ist tempomäßig sehr treffend gespielt, meist zungenbetont, die Orgel lädt ja auch förmlich dazu ein. Die Registrierungen richten sich nicht nach der formalen zweiteiligen Anlage, sondern sind eher orchestral gedacht. Sie sollen möglichst viel Effekt bringen, was sicherlich auch eine Intention Scarlattis gewesen sein kann, wenn auch nur einige wenige seiner 555 Sonaten wirklich für die Orgel bestimmt sind. Ohne die Noten verfolgen zu können, sind die Ohren allerdings bald überfordert bei 25 Tracks in knapp 77 Minuten. Mit Notenlesen staunt man über die meist nur zweistimmige Anlage der Sonaten, die Schmeding zu so viel lebendigen Klang umformen kann. Seine Verzierungen wirken sehr passend, so manche wünschte man sich jedoch etwas langsamer gespielt zur besseren Durchhörbarkeit. Bleibt die Frage, ob die so dünn gesetzten Kompositionen mit solch opulenten Registrierungen nicht überbesetzt sind. Gut klingen tut es jedenfalls. Ebemso auch die anderen beiden Orgeln, deren labiale Schönheiten Schmeding vielfältig auszukosten weiß.

Die schiere Menge an Musik, die Martin Schmeding hier auf 5 CDs bannte, ist überwältigend, die sechste CD bringt zwei Gespräche von Mirjam Wiesemann, die auch für die anderen Booklettexte verantwortlich zeichnet, mit Orgelbauer Gerhard Grenzing, der die Instrumente betreut, in seiner Werkstatt in El Papiol (Barcelona) und mit Martin Schmeding an der Jordi Bosch-Orgel. Die schiere Menge an Musikstücken differenziert zu beschreiben, stößt da natürlich auch an Grenzen, trotzdem ist die Leistung dieser großartigen Produktion bewundernswert. „Sie (die Orgeln) restaurieren heißt, mit ihnen leben“ und das „mit ein wenig Verrücktheit und sehr viel Liebe“ (Grenzing). Das gleiche gilt auch für diese Einspielung!



Rainer Goede - für www.orgel-information.de
Mai 2020 / Oktober 2020

Diese CD ist im gut sortierten Buch-/Musikhandel erhältlich
- unter anderem im Notenkeller in Celle (tel. Bestellung 05141-3081600 oder per Mail an info@notenkeller.de möglich).