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O Ewigkeit, du Donnerwort

Komponist: Joseph Haas
Herausgeber: Gerhard Weinberger
Verlag: Schott Music


Choralvorspiel für Orgel (1913)

Es ist das Verdienst von Gerhard Weinberger, dass diese Notenausgabe vom Jahre 2018 existiert. Das einzelne (nicht (!) im Werkverzeichnis aufgeführte) Choralvorspiel ist datiert vom 27.Okt. 1913. Der Herausgeber wurde fündig bei der Bayer. Staatsbibliothek München. Auch wenn der Choral „O Ewigkeit, du Donnerwort“ nicht mehr im Evangelischen Kirchengesangbuch präsent ist, ist diese Veröffentlichung mehr als erwähnenswert und absolut spielenswert, denn: Haas schreibt deutlich im spätromantischen Stil. Max Reger lässt grüßen!
Das Notenbild ist dementsprechend sehr „dicht“ und verlangt vom Interpreten grifftechnisch einiges ab. Schon Reger sagte zum Vorwurf der Überhanges: Keine einzige Note ist zuviel! Die Choralmelodie, der „cantus firmus“, ist dem Pedal (Tonart D-Dur, als Basso doppio, anvertraut. Seufzermotivik in den Oberstimmen wirkt dazu kontrapunktierend belebend. Mehrere Hinweise auf die eindrückliche und nachhaltige „Wucht“ gibt es bereits durch die Tempobezeichnung (Maestoso!), und durch die Dynamik, die zunächst im forte beginnt, und im späteren „Org. plenum“ (General-Tutti ist hier sicher legitim) endet. Leider lässt sich bei der Wiederholung ein Zurückblättern von Seite 6 zu Seite 4 nicht vermeiden.

Klar ist, dass für eine authentische Wiedergabe (und Wirkung!) ein entsprechend grundstimmenbetontes Instrument verfügbar ist. Dem Verlag und dem Herausgeber ist somit sehr für diese „Ehrenrettung“ einer lange Zeit verkannten Epoche zu danken.

Es sei deshalb ausdrücklich in diesem Zusammenhang auf den Komponisten sowie die Joseph-Haas-Gesellschaft hingewiesen:
Joseph Haas wurde in Maihingen im schwäbischen Ries als drittes Kind des dortigen Lehrers geboren. Zunächst wurde er Lehrer und arbeitete von 1897 bis 1904 an der Lehrerbildungsanstalt in Lauingen a.d. Donau. Nach bestandener Prüfung qualifiziert er sich in seinen musikalischen Studien. Signifikant ist dabei die Begegnung mit Max Reger, dem er 1907 nach Leipzig folgt. Schon bald zeigten sich die ersten Komponisterfolge. Diese bringen ihm 1911 die Berufung zum Kompositionslehrer am Konservatorium Stuttgart (1916 Professor) und 1921 die Berufung an die Akademie der Tonkunst in München. 1921 gründet Joseph Haas mit Paul Hindemith und Heinrich Burkard die „Donaueschinger internationalen Kammermusikfeste für Neue Musik“ und beweist damit seine Aufgeschlossenheit für alles Neue, obwohl er freilich stets tonal komponierte. Schon bald ist er einer der gesuchtesten Kompositionslehrer in Deutschland. Zu seinen zahlreichen Schülern zählen Komponisten und Dirigenten wie Otto Jochum, Karl Gustav Fellerer, Eugen Jochum, Karl Forster, Karl Amadeus Hartmann, Karl Höller, Philipp Mohler, Hubert Brings, Cesar Bresgen, Hubert Göbel, Ernst Kutzer, Rudolf Mors, Wolfgang Sawallisch und Hans Walter Kämpfel. Joseph Haas ist während der Zeit des Nationalsozialismus Repressalien ausgesetzt, weil er öffentlich die „entartete“ Neue Musik toleriert sowie seinen katholischen Glauben praktiziert. Als er am 30. März 1960 über der Reinschrift zur Hymne für den Eucharistischen Weltkongress in München stirbt, gilt er als geachteter Nestor deutscher Komponisten. Das zeigen die vielen damaligen Auszeichnungen erhalten: Ehrendoktor der Universität München und des päpstlichen Instituts für Kirchenmusik in Rom, Ehrensenator der Musikhochschulen in Stuttgart, Dresden und Leipzig, Ehrenmitglied der GEMA und des Deutschen Komponistenverbandes. Joseph Haas wurde auf dem Münchener Waldfriedhof beigesetzt.
Seit 1949 bemüht sich die Joseph-Haas-Gesellschaft um die Verbreitung seines Werkes. Dem Werk von Joseph Haas wird man nur gerecht, wenn man es an dem misst, was er selbst zur Sinngebung in der Musik gesagt hat: »Die Musik soll erfreuen, nicht beleidigen; sie soll erschüttern, nicht zerschmettern; sie soll veredeln, nicht banalisieren.«

Christoph Brückner
Juli 2020 / Dezember 2020

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