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Capriccio cha-cha-cha

Komponist: Peter Planyavsky
Verlag: Doblinger


Lateinamerikanischer Tanz an der Orgel - geht das? Die bejahende Antwort darauf findet man im Œuvre von Peter Planyavsky. Abseits der „Toccata alla Rumba“, welche wohl das bekannteste Orgelwerk des Komponisten darstellt, gibt es auch noch das „Capriccio cha-cha-cha“ für Orgelpositiv mit Bezug auf die kubanische Tanzmusik. Letzteres ist ein Kompositionsauftrag der Gesellschaft der Orgelfreunde E. V., wurde für die Eröffnung der Tagung 2007 in Graz komponiert und ist bei Doblinger mit der Nummer 02 456 verlegt.

Anders als bei der Toccata wird beim Capriccio ein etwas anderer Zugang gewählt. Nicht der prägnante Rhythmus des Tanzes, sondern die Dreitonfolge C-H-A steht im Vordergrund. Wie der Komponist im Vorwort erwähnt, folgt dieses Werk „ein wenig der alten Idee der Themenvariation, wie sie Froberger und andere in ihren Capriccios, Canzonen und Ricercaren verwirklicht haben.“ Die Orientierung an den Alten Meistern ist klar zu erkennen, jedoch wurden Form und Kompositionstechnik auf überzeugende und raffinierte Art und Weise in unsere heutige Zeit übersetzt.

Zusätzlich besitzt das Stück eine außergewöhnliche Besonderheit. Im Takt 88ff findet man eine sogenannte „Action-Zone“ vor. Der Komponist beschreibt dies in seinem Vorwort folgendermaßen: „An der bezeichneten Stelle fixiert der Spieler drei Töne mit Bleigewichten, steht dann auf und streckt sich oder schnäuzt sich oder niest, zieht die Jacke aus oder an, richtet die Krawatte, putzt die Brille oder dergleichen. […] Diese „Action“ soll kurz und keineswegs in sich selbst klamaukhaft sein; etwas in der vorgeschlagenen Art knapp und ernsthaft zu tun, genügt völlig.“ Wer Peter Planyavsky besser kennt weiß, dass Humor ein wichtiger Bestandteil seiner Persönlichkeit ist, vor allem auch als Musiker. Da diese Art von „Action“ vielleicht nicht jedermanns Sache ist und im Vorwort dezidiert darauf hingewiesen wird, dies nur zu machen, wenn man vom Publikum gesehen wird, gibt es diese Takte auch als Variante „ohne Action“.

Allerdings ist das Stück meines Erachtens nur dann musikalisch absolut schlüssig, wenn man eben diesen kleinen humoristischen Abstecher einbaut, da sich im Anschluss kurzzeitig die Klangsprache ändert und beinahe im Jazz landet. Dieser Witz würde ohne akrobatische Einlage weniger gut klappen. Grundsätzlich ist das Capriccio in der für Planyavsky typischen Dichte in Hinblick auf die Verwendung des thematischen Materials komponiert. Ökonomie steht hier an oberster Stelle.

Der Druck ist gut lesbar und verständlich, bis auf ein paar Kleinigkeiten. So wäre beispielsweise eine präzisere Angabe, wie lange die überbundenen Viertelnoten in diesem Stück zu halten sind, hilfreich gewesen. Außerdem ist der Anweisung des Komponisten, selbst zu blättern und zu registrieren, nicht so einfach nachzukommen, da man bei der letzten Blätterstelle lediglich eine Achtelpause hat, um zu blättern. Davor und danach stehen vollgriffige Akkorde. Nichtsdestotrotz bekommt der Interpret einen klaren Notentext überliefert sowie Ausführungshinweise im schon zitierten Vorwort des Komponisten.

Zusammengefasst handelt es sich hierbei um ein kompaktes, humoristisches Konzertstück, das man gut in diverse Programme einbauen kann und das einem Konzert einen gewissen Frischekick verleiht. Ob das Stück auch im Gottesdienst einsetzbar ist, wage ich zu bezweifeln, da es, wie oben erwähnt, doch recht stark von der „Action-Zone“ lebt. Ein wienerisches Original also, welches durch seine mittlere Schwierigkeit für viele Organisten zu bewältigen ist und man guten Gewissens empfehlen kann.


Johannes Zeinler
für www.orgel-information.de ---- November 2020 / Februar 2021

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